Geteilte Liebe

Polyamorie: Wie funktioniert Liebe zu dritt?

Was man unter Polyamorie versteht und wie die Politik das Familienrecht erneuern möchte.

Vater, Mutter, Kind – das ist noch immer das vorherrschende Familienbild. Dabei wächst mittlerweile jedes dritte Kind in einer Familiensituation auf, die nicht einer klassischen Ehe entspricht, so der neue Queer-Beauftragte der Bundesregierung Sven Lehmann.

Das Amt von Lehmann wurde von der Ampelkoalition neu geschaffen, um die Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt zu fördern. Der Politiker setzt sich unter anderem dafür ein, dass Kinder künftig mehr als zwei Elternteile haben können. Bis zu vier Eltern sollen nach den Plänen der Ampelkoalition das Sorgerecht übernehmen können.

Damit sollen nicht nur Kinder in Patchworkfamilien, sondern auch polyamore Familien rechtlich besser abgesichert werden. „Niemand soll benachteiligt werden“, so der Queer-Beauftragte. „Alle Menschen sollen selbst entscheiden, wen sie lieben und wie sie leben wollen“.

Doch was genau versteht man eigentlich unter Polyamorie?

Von Polyamorie spricht man, wenn sich Menschen für eine verbindliche Liebesbeziehung mit mehr als einem Partner entscheiden. Dabei wissen alle Beteiligten voneinander und leben diese Form der Beziehung einvernehmlich.

„Ich möchte lieber, dass meine Partner ihre Bedürfnisse mit mir kommunizieren und wir dann Regeln ausarbeiten, als dass mich jemand belügt oder betrügt“, sagt die 35-jährige Nicole. Sie lebt seit fünf Jahren in einer Beziehung mit zwei Männern. Die drei wohnen zusammen und haben einen gemeinsamen Sohn.

Wer der leibliche Vater ist, spielt für die Familie keine Rolle.

„Als wir uns dafür entschieden haben, mit zwei Papas und einer Mama Eltern zu werden, haben wir in Stein gemeißelt, dass er auch für immer zwei Papas haben wird – egal was die Gene sagen.“

Polyamor lebende Menschen stellen Zweierbeziehungen als einzig mögliche Form des Zusammenlebens in Frage. Das Ideal einer monogamen Liebe oder Ehe sehen sie eher kritisch. „Familien sind bunt“, sagt auch Nicole. „ Egal ob Single-Eltern, gleichgeschlechtliche, monogame oder polyamore Eltern. Wir sagen immer: Leben und leben lassen. Und das wünschen wir uns auch mehr von der Gesellschaft.“

Anders als zum Beispiel beim Konzept der offenen Beziehung, sind polyamore Beziehungen auf ein langfristiges und vertrauensvolles Verhältnis angelegt. Wie Polyamorie konkret gelebt wird, das handeln die Partner jeweils unter sich aus – allgemeingültige Regeln gibt es nicht. Gemeinsam ist jedoch die Überzeugung, dass Liebe nichts Exklusives ist und dass sie in Beziehungen mit mehreren Menschen geteilt werden kann.