Mastektomie: Letzter Ausweg Brustamputation

Wenn der Brustkrebs in den Genen liegt

Das Brustkrebsrisiko ist in einigen Familien besonders hoch. Schuld sind vererbte Genmutationen. Um den Ausbruch des Krebses zu verhindern, lassen sich viele Betroffene vorsorglich die Brüste amputieren.

Als sie vor zehn Jahre die Diagnose familiärer Brustkrebs erhielt, brach für Patricia Kelly eine Welt zusammen: Die Sängerin bekam die gleiche Krankheit, an die sie fast 30 Jahre zuvor ihre Mutter verloren hatte.

Ähnlich erging es Eva Bentler. Die Berufsschullehrerin wollte sich wegen der Brustkrebserkrankung ihrer Mutter vorsorglich die Brüste amputieren lassen, doch zwei Wochen vor dem geplanten Eingriff erhielt sie die schockierende Diagnose: Sie hatte bereits einen Tumor in der Brust. Eva Bentler unterzog sich einer Chemo-Therapie – und hielt an ihrem Plan fest, sich die Brüste amputieren zu lassen. Sie will dem Krebs so die Möglichkeit nehmen, sich weiter auszubreiten.

Diese Woche erzählen Eva Bentler und Patricia Kelly bei Steffen Hallaschka ihre Geschichten.

Was ist familiärer Brustkrebs?

Bei etwa fünf bis zehn Prozent aller Brustkrebspatientinnen ist die Ursache für die Krebserkrankung eine Veränderung bestimmter Gene, die innerhalb einer Familie weitervererbt wird. Liegt diese Genmutation vor, spricht man vom sogenannten familiären Brustkrebs.

Das entscheidende Gen ist das BRCA-Gen. BRCA steht für „Breast Cancer“ und wird auch als „Brustkrebsgen“ bezeichnet. Wenn die Gene BRCA1 und BRCA2 mutiert sind, besteht für Frauen und Männer ein erhöhtes Risiko, an Brustkrebs zu erkranken.

Erkrankungswahrscheinlichkeiten

Schätzungsweise erkranken etwa 65-75 Prozent der Frauen mit einer Mutation des BRCA1-Gens und etwa 45-64 Prozent der Frauen mit einer Mutation des BRCA2-Gens bis zu ihrem 70. Lebensjahr an Brustkrebs.

Frauen, die eine solche Genveränderung aufweisen, erkranken mit durchschnittlich 44 bis 50 Jahren zudem deutlich früher als Frauen ohne genetische Vorbelastung. Auch das Risiko für Eierstockkrebs steigt mit einer BRCA1-Mutation auf 40-50 Prozent und mit einer BRCA2-Mutation auf 10-20 Prozent.

Von den Männern mit einer BRCA1-Mutation erkranken etwa zwei Prozent, bei einer BRCA2-Mutation etwa sieben Prozent bis zu ihrem 70. Lebensjahr.

Sollte ich mich testen lassen?

Das Deutsche Konsortium für familiären Brust- und Eierstockkrebs hat Kriterien aufgestellt, die auf ein genetisch erhöhtes Krebsrisiko hinweisen können. Wenn eines dieser Kriterien auf Sie zutrifft, sollten Sie sich in den spezialisierten Zentren für familiären Brust- und Eierstockkrebs beraten lassen.

Die Kriterien:

  • mindestens drei an Brustkrebs erkrankte Frauen aus der gleichen Linie einer Familie, unabhängig vom Alter der Erstdiagnose
  • mindestens zwei an Brustkrebs erkrankte Frauen aus der gleichen Linie einer Familie, davon eine mit einem Ersterkrankungsalter vor dem 51. Lebensjahr
  • mindestens zwei an Eierstockkrebs erkrankte Frauen aus der gleichen Linie einer Familie
  • mindestens eine an Brustkrebs erkrankte Frau und mindestens eine an Eierstockkrebs erkrankte Frau oder eine an Brust- und Eierstockkrebs erkrankte Frau
  • mindestens eine an Brustkrebs erkrankte Frau vor dem 36. Lebensjahr
  • mindestens eine an beidseitigem Brustkrebs erkrankte Frau, deren Ersterkrankung vor dem 51. Lebensjahr diagnostiziert wurde
  • mindestens ein an Brustkrebs erkrankter Mann und zusätzlich eine an Brust– oder Eierstockkrebs erkrankte Frau
  • mindestens eine am triple-negativen Brustkrebs erkrankte Frau vor dem 50. Lebensjahr
  • mindestens eine an Eierstockkrebs erkrankte Frau vor dem 80. Lebensjahr

Der Gentest

Wird eines der Kriterien erfüllt, bedeutet das nicht zwangsläufig, dass eine Genmutation vorliegt. Nur bei etwa einem Viertel der Familien, die eines oder mehrere Kriterien aufweisen, sind auch Veränderungen in den Genen BRCA1 und BRCA2 festzustellen. Letzte Gewissheit darüber, ob tatsächlich eine Genmutation vorliegt, kann nur ein Gentest geben. Die Kosten für die Analyse der Gene werden von einigen Krankenkassen übernommen, sofern ein entsprechendes Risiko vorliegt.

Für den Gentest ist eine einfache Blutabnahme ausreichend. Die DNA der Zellen wird dann im Labor auf Veränderungen des Erbguts überprüft. Bevor ein solcher Gentest durchgeführt wird, sollte jedoch eine ausführliche Beratung in einem spezialisierten Zentrum für familiären Brustkrebs stattfinden.

Was kann ich bei einem erhöhten Risiko tun?

Wird die Mutation der Gene BRCA1 oder BRCA2 nachgewiesen, empfiehlt die Arbeitsgemeinschaft gynäkologische Onkologie die Teilnahme an einem speziellen Früherkennungsprogramm. Das sieht ab einem Alter von 25 Jahren eine klinische Brustuntersuchung und Ultraschalluntersuchung im Abstand von sechs Monaten, sowie eine jährliche MRT-Untersuchung vor. Ab einem Alter von 40 Jahren wird darüber hinaus eine ein- bis zweijährliche Mammographie empfohlen.

Entfernung von Brüsten und Eierstöcken?

Eine weitere vorbeugende Maßnahme ist die beidseitige Mastektomie, also die vollständige Entfernung beider Brüste. Mit dieser Methode können das Brustkrebsrisiko und die Sterblichkeitsrate deutlich gesenkt werden. Auch das Risiko für Eierstockkrebs, das bei Trägerinnen einer BRCA-Mutation ebenfalls erhöht ist, wird durch das  Entfernen der Eierstöcke verringert.  

Der deutsche Krebsinformationsdienst warnt aber davor, sich zu früh und ohne ausführliche Beratung für eine Maßnahme zu entscheiden. Denn auch das Entfernen von Brüsten und Eierstöcken kann negative Folgen haben, zum Beispiel für das eigene Körperbild oder die Lebensqualität. Durch die Entfernung der Eierstöcke wird zudem eine Schwangerschaft unmöglich und es setzen vorzeitig die Wechseljahre ein.   

Vor einer Entscheidung sollten sich Betroffene daher ausführlich informieren und beraten lassen.

Weitere Informationen:

Die Kontaktdaten der bundesweiten Zentren für familiären Brust- und Eierstockkrebs finden Sie auf der Seite des Deutschen Konsortiums für Familiären Brust- und Eierstockkrebs: https://www.konsortium-familiaerer-brustkrebs.de/das-konsortium/zentren-des-konsortiums/ oder bei der Deutschen Krebshilfe: https://www.krebshilfe.de/helfen/rat-hilfe/familiaerer-krebs/zentren-fuer-familiaeren-brust-und-eierstockkrebs/

Das Deutsche Konsortium für familiären Brust- und Eierstockkrebs hat außerdem eine Checkliste erstellt, mit der Sie ihr Risiko für erblich bedingten Brust- und Eierstockkrebs erfassen können: https://www.konsortium-familiaerer-brustkrebs.de/informationen/checkliste-zur-risikoerfassung/

Die wichtigsten Informationen hat der Deutschen Krebsinformationsdienst in einem Informationsblatt zusammengefasst: https://www.krebsinformationsdienst.de/wegweiser/iblatt/iblatt-familiaerer-brust-u-eierstockkrebs.pdf

Einen Patientenratgeber von der Arbeitsgemeinschaft gynäkologische Onkologie e.V.  zum Thema Brustkrebs finden Sie hier: https://www.ago-online.de/fileadmin/downloads/pdf/2019/AGO_Brustkrebs_2019.pdf

Weitere Informationen, Anlaufstellen und Hinweise auf Veranstaltungen finden Sie auf der Seite der Selbsthilfeorganisation BRCA Netzwerk e.V.: https://www.brca-netzwerk.de/