Eigene Kinder in den Rollstuhl gezwungen

Was trieb Maike B. zu ihren Taten?

Weil sie jahrelang Krankheiten ihrer Kinder vorgetäuscht haben soll, wurde Maike B. zu acht Jahren Haft verurteilt. Hinter den Taten der Mutter steckt vermutlich eine schwere psychische Störung.

Jahrelang soll Maike B. bei Ärzten und Behörden vorgetäuscht haben, dass ihre Kinder schwer krank sind. Sie soll sie unter anderem gezwungen haben, im Rollstuhl zu sitzen, obwohl es keinen medizinischen Grund dafür gab. Jetzt wurde die fünffache Mutter wegen Betrugs und Misshandlung Schutzbefohlener vor dem Landgericht Lübeck zu acht Jahren Haft verurteilt.

Nach Einschätzungen einer Gerichtsgutachterin sei Maike B. am sogenannten Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom erkrankt. Dabei handelt es sich um eine schwere psychische Störung, bei der die Betroffenen Krankheitssymptome bei anderen Personen – meist bei ihren eigenen Kindern – vortäuschen, übersteigern oder sogar künstlich erzeugen, indem sie zum Beispiel grundlos Medikamente verabreichen. Betroffen sind überwiegend Frauen.

Was ist das Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom?

Durch die herbeigeführte Erkrankung wollen Betroffene medizinische Behandlungen für ihre Kinder erhalten und selbst die Rolle der aufopferungsvollen und fürsorglichen Pflegerin übernehmen. Die Betroffenen, oft Mütter,  haben häufig gute medizinische Fachkenntnisse, arbeiten im Pflegebereich oder geben überzeugend vor, Krankenschwester zu sein.

Die Betroffenen definieren sich in den meisten Fällen sehr stark über ihre Rolle als überfürsorgliche Mutter und bauen eine besonders enge Bindung zu ihren Kindern auf. Häufig manipulieren sie ihre Kinder so, dass diese selbst glauben, krank zu sein. Die Aufmerksamkeit und Bewunderung, die die Betroffenen für ihre scheinbar aufopferungsvolle Fürsorge erhalten, wird als Motiv für ihr Handeln vermutet.

Das Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom gilt als subtile, überwiegend von Frauen begangene Form der Kindesmisshandlung. Etwa sechs Prozent der betroffenen Kinder sterben Schätzungen zufolge an den Folgen der Misshandlungen. Viele der am Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom Erkrankten haben in ihrer Kindheit selbst unter Vernachlässigung oder Misshandlungen gelitten.

Wie Maike B. ihre Kinder manipulierte, warum ihr Handeln lange Zeit unentdeckt blieb und welche psychologischen Muster hinter den Taten der fünffachen Mutter stecken – darüber spricht die Kriminalpsychologin Lydia Benecke am Mittwoch, 13.11.2019, ab 22:15 Uhr live bei stern TV.