Hohe Inzidenzwerte, wenig Schnelltests

Streit um Schulöffnungen: Wie sicher ist der Unterricht?

Trotz steigender Infektionszahlen und fehlender Testangebote kehren immer mehr Schulen zurück zum Präsenzunterricht – viele halten das für unverantwortlich.

Nach monatelangem Distanzunterricht kehren in dieser Woche viele Schülerinnen und Schüler zurück in die Klassenräume – und das, obwohl die Infektionszahlen weiter stark ansteigen. Vergangene Woche hatte Lothar Wieler, Präsident des Robert Koch-Instituts (RKI), von vermehrten Ansteckungen bei unter 15-Jährigen berichtet, die auf die ansteckendere britische Virusvariante zurückzuführen sein könnten. Die Öffnungen von Schulen und Kitas bezeichnete der RKI-Präsident dennoch als „nachvollziehbar“.

Dagegen hat SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach zu Wochenbeginn die Schließung aller Schulen bis Ostern gefordert. Als Grund nannte er gegenüber der Rheinischen Post die Virusmutationen, die sich „insbesondere bei den Jüngeren rasant ausbreiten“. Es sei ein Fehler gewesen, die Schulen „ohne flächendeckend funktionierende Testabläufe zu öffnen“. Erneute Schließungen könnten nach Meinung des Epidemiologen nur verhindert werden, wenn Schülerinnen und Schüler systematisch zweimal pro Woche getestet werden.

Einige NRW-Schulen boykottieren Landesvorschriften

Die Bundesländer reagieren derweil unterschiedlich auf die steigenden Infektionszahlen. Sachsen-Anhalt hat in dieser Woche die Präsenzpflicht für weiterführende Schulen aufgehoben, für Grund- und Förderschulen war sie bereits Anfang März ausgesetzt worden. Der Berliner Senat hat weitere Schritte bei den Schulöffnungen vorerst gestoppt: Anders als geplant sollen die Klassen 7 bis 9 vor den Osterferien nicht in die Schulen zurückkehren. Zuletzt durften hier neben den Klassen 1 bis 6 auch die Klassen 10 bis 13 wieder in Präsenz unterrichtet werden.

Das Land Nordrhein-Westfalen hält dagegen an dem Plan fest, dass bis zum 26. März alle Schülerinnen und Schüler zumindest tageweise in Präsenz unterrichtet werden sollen. Die Städte Dortmund und Duisburg hatten ihre Schulen aufgrund steigender Neuinfektionen und des vorläufigen Aussetzens der AstraZeneca-Impfungen schließen wollen, wurden jedoch von der Landesregierung gestoppt. Nach Medienberichten boykottieren einige Schulen in Nordrhein-Westfalen die Vorschriften des Landes und unterrichten einige Jahrgangsstufen weiterhin im Distanzunterricht.

Eltern-Proteste gegen Schulöffnungen

Auch einige Eltern halten die Öffnungen für verantwortungslos und lassen ihre Kinder trotz Schulpflicht zuhause. In Düren haben sich Eltern unter dem Motto „NRW-Eltern nehmen Corona-Notbremse selbst in die Hand“ zusammengeschlossen und ein Musterschreiben zur Ablehnung des Präsenzunterrichts veröffentlicht. Der Inzidenzwert in der Stadt Düren liegt derzeit über 200. Der NRW-Verband der Landeselternschaft warf der nordrhein-westfälischen Landesregierung Planlosigkeit bei der Schulpolitik vor und kritisierte das Fehlen einer Teststrategie.

Der Deutsche Lehrerverband hatte vor dem Hintergrund steigender Infektionszahlen ebenfalls mehr Tests für Schülerinnen und Schüler und schnellere Impfungen für Lehrerinnen und Lehrer gefordert. Die Impfreihenfolge war zuletzt so geändert worden, dass sich Beschäftigte in Grundschulen und Kitas früher impfen lassen können. Für Lehrerinnen und Lehrer weiterführender Schulen gilt das jedoch nicht.