Wo ist Clara?

Impfgegner verschleppen Kinder ins Ausland: Wie eine Mutter ihre Tochter sucht

Ohne die Zustimmung der Mutter reist der 46-Jährige mit seiner Tochter nach Paraguay – bisher fehlt jede Spur.

Seit November 2021 ist die 10-jährige Clara verschwunden. Ihr leiblicher Vater Andreas Egler (46) hat sie gemeinsam mit seiner neuen Frau Anna (35) nach Paraguay entführt. In einem Brief informierte Egler Claras Mutter Anne Reiniger über seine Pläne. Zunächst gab er nur vor einen Kurztrip nach London geplant zu haben, doch stattdessen ging es erst nach Madrid und von dort aus nach Asunción.
Auch Annas Tochter Lara (11), aus einer früheren Beziehung, ist seither verschwunden. Heute weiß man: Am 27. November ist das Paar mit den Kindern in Paraguay eingereist. Die zuständige Behörde CDIA erklärte: „Da beide Kinder mit jeweils einem leiblichen Elternteil unterwegs waren, wurde zunächst kein Alarm ausgelöst.“

Seither suchen Anne Reiniger und ihr Ehemann Prem Vadehra nach Clara. Sie sind mittlerweile selbst in Paraguay, haben mit unzähligen Beamten gesprochen und bereits zehntausende Euro für die Suche nach ihrer Tochter ausgegeben. Zunächst recherchierten sie selbst, dann engagierten sie Privatermittler. Zuletzt gesehen wurde das Mädchen Mitte Januar in La Colmena. Seit Monaten verlaufen weitere Ermittlungen jedoch ohne nennenswerten Erfolg.

Paraguay als „Querdenker“- Ziel

Annes Ex-Mann Andreas lebte von Ticketgeschäften für Fußballspiele und Großevents, seine neue Frau war als Sopranistin tätig. Beide traf die Coronapandemie schwer. Das könnte erklären, wieso sie sich radikalisierten. Sie waren gegen die Impfung, gegen Masken sowie die Schutzmaßnahmen und Vorschriften.

Im Juli 2020 äußert Andreas erste Bedenken über die Impfung.  Im Oktober 2020 folgte ein Brief an Claras Schule, in welchem er ein Masken-Attest für diese vorlegte und eine Befreiung forderte. Im April 2021 dann ein Brief an Claras Kinderärztin: Bei Clara dürften nur Spucktests durchgeführt werden, sollte die Kinderärztin entgegen dieser Anweisung bei ihr einen PCR Test durchführen, würde er „rechtliche Schritte“ wegen „Körperverletzung und Nötigung“ einleiten.

Nicht zuletzt deshalb entschied Anne Reiniger sich zum Jugendamt zu gehen und einen Antrag beim Familiengericht zu stellen. Das Amtsgericht Essen verfügt im April 2021, dass die Entscheidungen über alle Maßnahmen im Zusammenhang mit der Pandemie und die Tochter betreffend, von Anne Reiniger getroffen werden sollen. 

Eglers Einstellung zum deutschen Staat und der pandemischen Lage scheinen maßgeblich dafür gewesen zu sein, dass dieser sich nach Paraguay absetzte. Das Land gilt schon lange als Auffangbecken für deutsche „Aussteiger“. Wie viele Menschen mit deutschem Pass dort leben ist jedoch unklar. Schätzungsweise sind es um die 30.000 Menschen. Viele kommen als Touristen und leben jahrelang unregistriert dort.

Kindesentziehung ins Ausland

Im juristischen Sinn wird in solchen Fällen nicht von „entführt“, sondern „entzogen“ geredet. „Entzogen“ ist ein Kind dann, wenn ein Elternteil das Kind dem Einflussbereich des anderen Elternteils für längere Zeit fernhält.  

Zahlen des Bundesamtes für Justiz zeigen, dass es sich bei dem Fall Clara nicht um einen Einzelfall handelt. 2017 wurden in Deutschland 186 Kinder einem Elternteil entzogen, 2020 gab es 242 neue Fälle, 2021 dann 250 Fälle. Die Dunkelziffer dürfte sogar noch höher sein, da nur solche Fälle einfließen, in die das Amt involviert wurde.

Anlaufstelle für betroffene Eltern

Freunde von Anne Reiniger haben in der Zwischenzeit einen Verein gegründet. Der „Wieder zurück e.V.“ ist Anlaufstelle für betroffene Eltern. Sein Ziel ist die „Suche und Rückführung entzogener Kinder und Jugendlicher“. Weitere Informationen finden Sie hier.

Sie haben Hinweise?

Sollten Sie Hinweise zu dem Fall haben, wenden Sie sich bitte an Ihre örtliche Polizeidienststelle.