Das große Krabbeln
Die Insektenfotografin

Julia Rieger (56) ist während der Pandemie von der Außenwelt quasi vollständig abgeschnitten. Da sie an einer schweren Autoimmunerkrankung leidet, wäre eine Infektion mit dem Coronavirus für sie lebensbedrohlich. Ganz allein ist sie aber trotzdem nicht. Eines Tages läuft eine kleine Ameise über ihren Küchentisch. Julia Rieger baut ihr Makrofilm-Equipment auf und entdeckt, dass sich in einer Ritze ihrer Tischplatte eine kleine Ameisenkolonie ein Nest eingerichtet hat.
Seither verbringt Julia Rieger täglich mehrere Stunden hinter der Kamera. Sie taucht mit aller Leidenschaft in die Welt der Ameisen ein und dokumentiert, wie sie jagen, trinken, fressen und Brutpflege betreiben. Die Faszination für Insekten begleitet sie schon seit ihrer Kindheit. „Ich habe sehr viel Gewalt erfahren“, sagt Rieger: „Und Insekten waren für mich immer Tiere, die frei sind. Die waren klein genug, die konnten durch jede Ritze krabbeln. Und ich hab mir dann als Kind tatsächlich immer vorgestellt, ich kann mich in so ein Insekt verwandeln und einfach flüchten. Und das hat mir sehr geholfen“.
Seit einem Jahr teilt Julia Rieger ihre Bilder in sozialen Netzwerken und begeistert die Makrofilmer-Szene. Sie wurde sogar vom Leiter des Senckenberg-Naturkunde-Museums in Görlitz eingeladen, ihre Filme vor seinen Studenten zu präsentieren. Auch Dr. Bernhard Seifert, „der Ameisenpapst“ in Deutschland, ist begeistert. Julia Rieger zeigte ihm Aufnahmen, die sie vor kurzem auf ihrem Balkon gemacht hat: Ameisen die Läuse melken. Eine kleine wissenschaftliche Sensation, denn Julia Rieger hat bewiesen, was die Fachwelt bisher nur vermutet hatte: 4-Punktameisen halten sich tatsächlich Blattläuse!
Mehr von Julia Riegers spannenden Aufnahmen finden Sie hier.